Formen der Harninkontinenz

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Im folgenden Text werden die eigentliche Definition von Harninkontinenz, Formen, Ursachen und mögliche Therapieformen erläutert.

Die Definition von Harninkontinenz ist lt. ICS (International Continence Society) „ein Zustand bei dem der unfreiwillige Urinverlust ein soziales oder hygienisches Problem bedeutet und objektiv dargestellt werden kann.“ Der Urin kann nicht verlustfrei in der Harnblase gespeichert werden und der Ort und die Zeit der Entleerung kann nicht selbst bestimmt werden. Umgangssprachlich werden „Blasenschwäche“ und „Blasenprobleme“ gerne als Überbegriff für Harninkontinenz genannt. Für ein tieferes Verständnis ist es jedoch wichtig die einzelnen Formen richtig zu benennen.

Blasenprobleme treten in der Regel in Form von:

  • Harninkontinenz (Harnverlust, Blasenschwäche) und
  • Harnverhalt (Unvermögen, die Blase vollständig zu entleeren) auf.

Stuhlinkontinenz kann auch im Zusammenhang mit Harninkontinenz auftreten. Hierbei kommt es zu unfreiwilligem Verlust von Darminhalt in Form von Stuhl oder Gasen zum falschen Zeitpunkt und vor Erreichen einer Toilette. Wollen Sie mehr über Stuhlinkontinenz erfahren gehen Sie zu „Funktionsweise des Darms“ und „Ursachen von Stuhlinkontinenz“.

Harninkontinenz

Die häufigsten Formen von Harninkontinenz sind die sogenannte Belastungsinkontinenz, die Dranginkontinenz und die Mischinkontinenz, die eine Kombination aus Belastungsinkontinenz und Dranginkontinenz ist. Tritt Inkontinenz erst im Alter auf, kann man diese meist auch einer der 3 Formen zuordnen.

Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz)

Ursache und Symptome: tritt auf, wenn der Schließmuskelapparat unter plötzlich auftretendem starkem Druck (Stress) die Harnröhre nicht vollständig verschließen kann. Dies hat einen unfreiwilligen Harnverlust in unterschiedlichen Mengen in Zusammenhang mit alltäglichen Situationen wie Niesen, Husten, Lachen, Stiegen steigen oder körperlichen Anstrengungen zur Folge. Die Blasenfunktion ist in diesem Fall völlig normal, der Schließmuskel erfüllt jedoch seine Aufgabe nicht funktionsgerecht. Bei Frauen ist dies meist verursacht durch eine schwache Beckenbodenmuskulatur, nach Schwangerschaft und Geburt oder durch hormonelle Veränderungen (in jedem Alter möglich). Bei Männern kommt es zum Beispiel zu dieser Form des Urinverlusts, wenn bei einer Prostataoperation der Schließmuskel verletzt wurde. 

Therapie: neben Beckenbodentraining, Gewichtsreduktion und Regulierung des Stuhlgangs können auch Hormone und Medikamente helfen. Je nach Schwere kann auch eine Operation Linderung bringen.

Dranginkontinenz (instabile oder überaktive Blase, Reizblase)

Ursache und Symptome: bei dieser Form der Harninkontinenz zieht sich die Blasenmuskulatur unfreiwillig und unkontrolliert zusammen. Die Folge ist ein plötzlich auftretender Harndrang verbunden mit einem unfreiwilligen Urinverlust noch vor rechtzeitigem Erreichen des WCs und das obwohl der Harnröhrenverschluss funktioniert. Die Ursachen bei Frau und Mann können vielzählig sein. So können chronische Entzündungen, krankhafte Zustände von Harnröhre, kleinem Becken und Blase dazu führen. Aber auch ein erschwertes Harnlassen durch eine vergrößerte Prostata oder altersbedingte bzw. krankhafte Veränderungen der Nerven können die Kontrolle über die Blase verschlechtern.

Therapie: gezieltes Kontinenztraining bestehend aus Miktions-, Beckenboden- und Toilettentraining sowie Medikamente, Elektrotherapie oder auch eine entsprechende Operation. Bei Frauen kann die Gabe von Hormonen helfen.

Mischinkontinenz

Stress- und Dranginkontinenz sowie eine Mischung aus beiden, treten am häufigsten in der Bevölkerung auf. Hier ist es vor allem wichtig die einzelnen Formen zu identifizieren und jeder Form eine gezielte Therapie zukommen zu lassen. Durch die unterschiedlichen Ursachen und Symptome benötigt gerade die Mischinkontinenz ein hohes Maß an Geduld, Beobachtungsgabe und Analyse um dem Patienten seinen Leidensdruck zu erleichtern.

Harnverhalt

Die 2. Form von Blasenproblemen ist der Harnverhalt. Diese Form kann durch einen Verschluss des Harntrakts, eine Blasenmuskelschwäche oder einer neurogenen Störung, die den Signalfluss zwischen Gehirn und Blase beeinträchtigt, verursacht werden. Nachstehend finden Sie Informationen zu den einzelnen Ursachen und Symptomen.

Überlaufinkontinenz (chronische Harnretention)

Ursache und Symptome: oft sind ein schwacher Blasenmuskel oder ein Hindernis, das den Abfluss des Harns erschweren oder beide Ursachen gemeinsam verantwortlich. So steigt der Druck in der übervollen Blase zusehends und der Druck des Schließmuskels kann diesem nicht Stand halten. Bei einer Überlaufinkontinenz wird die Blase nie vollständig entleert. Beim Urinieren läuft der Urin meist nur in Form eines schwachen Strahls ab. Es bleibt meist Restharn in der Blase der als potentielles Risiko für Harnwegsinfekte gilt.

Therapie: zunächst entlasten der übervollen Blasen durch Einführen eines Katheters. Weiter müssen die Ursachen durch entweder Beseitigen des Hindernisses oder bei Blasenschwäche durch Kräftigung der Blase therapiert werden.

Neurogene Blasenfunktionsstörung (neurogene Blase, Reflexinkontinenz)

Ursache und Symptome: Die Nervenleitung oder ganze Nervenzentren können ihre Funktion nicht mehr erfüllen und senden den Reiz nicht mehr oder nur schwach zwischen Gehirn und Blase weiter. Das kann durch eine Rückenmarksverletzung, Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Spina Bifida bedingt sein, aber auch durch andere Krankheiten, die die Nerven bzw. Reizleitung zwischen Gehirn und Blase stören und so unkontrollierbar machen. Die fehlende Kontrolle führt zu unterschiedlichen Arten von neurogenen Blasen.

Eine neurogene Blase tritt entweder in Form einer unzureichenden Blasenentleerung auf, was zu Infektionen oder anderen ernsthaften Problemen führen kann, oder sie äußert sich in Form einer überaktiven Blase. Eine überaktive Blase wird typischerweise durch Verkrampfungen der Blasenmuskulatur verursacht und weist hauptsächlich Symptome der Dranginkontinenz auf.

Folgende Kombinationen im Zusammenhang mit einer neurogenen Blasenstörung können auftreten:

  • Verstärkte Spastik von Blase und Schließmuskel 

    Die sogenannte spinale Reflexblase zieht sich aufgrund der Spastik nicht kontrollierbar zusammen. Zusätzlich verhindert die Spastik des Schließmuskels den Harnabfluss. Es kommt zu einem überhöhten Druck in der Blase. Die Folge ist eine unfreiwillige, spontane Blasenentleerung (Reflexinkontinenz).


  • Verstärkte Spastik von Blase und Schließmuskelerschlaffung 

    Eine verstärkte Spastik der Blase führt in Verbindung mit einem erschlafften Schließmuskel zu einem Missverhältnis zwischen Blaseninnendruck und Schließmuskelverschlussdruck. Der erschlaffte Schließmuskel kann schon bei einem geringen Blasenvolumen den Harn nicht mehr sicher zurückhalten (Reflexinkontinenz). 


  • Reflexlose Blase und verstärkte Spastik des Schließmuskels 

    Die reflexlose Blase kann sich zum Entleeren nicht mehr zusammenziehen. Die Spastik des Schließmuskels trägt zusätzlich dazu bei, dass die Blase sich nicht entleeren kann. Kommt es durch eine überfüllte Blase zu einem überhöhten Innendruck, führt das zu unkontrolliertem Harnverlust (Überlaufinkontinenz).

  • Reflexlosigkeit von Blase und Schließmuskel 

    Blase und Schließmuskel sind nicht mehr tätig, sodass eine kontrollierte Blasenentleerung nicht möglich ist. Die schlaffe Blase kann sich zum Entleeren nicht mehr zusammenziehen. Durch die Reflexlosigkeit des Schließmuskels kommt es schon bei einem sehr niedrigen Blasenvolumen zu unkontrolliertem Harnabgang.

Die Ursachen einer Harninkontinenz können durch Basisuntersuchungen festgestellt werden. Diese besteht aus einer genauen Befragung, einer körperlichen Untersuchung, sowie einer Urinuntersuchung. Sehr hilfreich für eine genaue Diagnose der Blasenschwäche ist auch ein Miktions- und Trinkprotokoll (Miktion = Harnlassen). Durch diese Aufzeichnungen zu Ihrem Trink- und Miktionsverhalten können Sie Unregelmäßigkeiten erkennen und diese mit Ihrem Arzt besprechen. In weiterer Folge können auch Ultraschalluntersuchungen der Harnblase, der Harnröhre und der Nieren zur Ursachenbestimmung herangezogen werden. Nur wenn keine eindeutige Diagnose gestellt werden kann, kommt es zu einer Blasendruckmessung (Funktionsprüfung der Blase und des Schließmuskels). Sobald die Ursachen der Harninkontinenz eindeutig geklärt worden sind, kann eine passende Therapie begonnen werden. 

 

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